Do 10.05.2012: Gemütliches Segeln von der Isola Giannutri nach Civitavecchia
18. Fahrttag (36.6 sm): Heute seit vier Wochen bin ich auf ASANA! Und wer nur hat gestern Abend den gloriosen Vorschlag gebracht, heute Morgen in der Bucht Spalmatoi den Sonnenaufgang zu erleben? Und wer bringt kurz vor sechs Uhr kaum die Augen auf? Natürlich ich! Sie tritt dennoch auf, die Sonne, und ihre Strahlkraft wärmt uns augenblicklich! Die ersten Möwen schreien schon wieder, verschiedenste Vögel singen ihr jubilierendes Morgenlob! Dankbar für diese kostbaren Augenblicke kuscheln wir nochmals kurz in die Koje.
Doch schon bald rufen Meer und Wind! Wir setzten die Segel und lassen die letzte Insel des toskanischen Archipels, die stille Isola Giannutri, hinter uns. Gut sechs Stunden gemütliches Segeln bei 2 – 3 Beaufort Wind bringt ASANA unserem Ziel näher: der Hafen Riva di Traiano bei Civitavecchia, bereits im Tyrrhenischen Meer. Eine Stunde vor der Hafeneinfahrt schläft der Wind ein. Das passt mir ganz gut, denn bei Wind, vor allem jeweils bei Starkwind, ASANAs Gross-Segel zu bergen, davor habe ich Respekt.
Der angerufene Ormeggiatore weist uns einen guten Hafenplatz zu; wir fühlen uns hier sofort wohl und beschliessen spontan, ca. eine Woche zu bleiben. (Lina)
Fr - So / 11.-13.05.2012: Im Hafen Riva di Traiano und in der Stadt Civitavecchia
Ist das nun eine Wetterstabilisierung, weil wir weiter südlich sind? Oder ist es einfach la Primavera? Seit Tagen bleibt der Himmel ohne Unterbruch blau, die Winde sanft, die Temperaturen sehr angenehm. Nur ein „Bädli“ haben wir bisher noch nicht gezwickt, so um die 20 Grad dürften es schon sein!
Nach den vergangenen zwei herrlichen Segeltagen veranstalten wir heute Freitag einen Putz-, Wasch- und „Wärchi“-Tag. Auch ASANAs Kühlschrank gähnt vor Leere; ein in der Nähe liegender Riesen-Coop hilft, diesen unmöglichen Zustand zu beheben!
Samstags kriecht Toni sämtlichen Kabeln und Anschlüssen der Schiffselektronik nach und forscht nach dem irgendwo verborgenen Wurm! Ein erster Kurzbesuch von Civitavecchia am späten Nachmittag vermittelt uns einen eher zwiespältigen Eindruck dieser Stadt: einerseits imposante historische Bauten wie die gewaltige Michelangelo-Stadtmauer, anderseits viele ein wenig verkommene Gebäude aus den 50er Jahren. Wir vermuten, dass diese nach dem Krieg so schnell wie möglich wieder aufgebaut worden sind.
Wetter zu früh gelobt? Heute Sonntag ist es zwar warm, aber der Himmel bedeckt sich gegen Abend mit schweren, regenträchtigen Wolken. Mit dem hiesigen Busfahrplan stehen wir teilweise noch auf Kriegsfuss! Der geplante Ausflug nach Tarquinia ist deshalb vorerst ins Wasser gefallen. Toni fängt stattdessen mit der Kamera einige Stimmungen und Eindrücke in Civitavecchia ein. Apropos Busfahrplan: weil wir eine halbe Stunde zu früh an der Haltestelle sind, nimmt uns der freundliche Busfahrer auf Empfehlung eines seiner Kollegen mit zu einer Rundfahrt über die entgegengesetzte Endstation Aurelia. So gelangt man mit viel Glück zu einem unerwarteten Sightseeing quer durch Civitavecchia zum stolzen Preis von einem Euro! (Lina und Toni)
Mo – Mi / 14. – 16.05.2012: Besuche der Stadt Rom
An drei Tagen fahren wir mit dem Zug von Civitavecchia nach Rom Termini. Es braucht einige Zeit, bis wir uns in diesem riesigen Bahnhof zurechtfinden! Die Dreitageskarte für alle öffentlichen Verkehrsmittel und die beliebige Benutzung des Busses der Sightseeingtour in der heiligen Stadt dient uns sehr und animiert uns zu vielen Besichtigungen. Sehr beeindruckend bis regelrecht „erschlagend“ wirken auf uns die unzähligen grandiosen antiken und mittelalterlichen Bauten im Kontrast zum massiven und lärmigen Strassenverkehr. Einige Eindrücke davon vermitteln unsere Bilder. (Toni)
Do – Fr / 17. - 18.05.2012: Hafen- und Ruhetage in Riva di Traiano (Civitavecchia)
Nach den anstrengenden Besuchstagen in Rom gönnen wir uns zwei Ruhetage, um die gewonnenen Eindrücke zu vertiefen. Wir schlafen lange aus, gönnen uns eine Siesta im Cockpit und tätigen grosse Einkäufe im Coop. Dabei bewährt sich unser Zweirad-„Wägeli“. Auch geniessen wir eine Stunde Yoga mit einer CD von Rita. Trotz Ruhetage nehmen wir kleinere Arbeiten an ASANA vor. Lina zieht neue Gummizüge in die restlichen Fenderüberzüge ein, entkalkt die Wasserhahnen und poliert einen Teil der Aufbauten, welche wieder wie neu glänzen! Ich schliesse den neuen GPS und die Funkfernsteuerung für die Ankerwinde an das Bordnetz an. So vergehen die Stunden und Tage wie im Flug! Am Abend sind wir auf der Moody 425 von Pierre-Alain und Brigitte zu einem Apéro eingeladen. Sie kommen aus Sion und sind Richtung Griechenland und Türkei unterwegs. Das französische Ehepaar Thierry und seine Frau bringen selbst getrocknetes Canardfleisch mit. Als Wein gibt es Petite Arvine aus dem Wallis. Weil für die kommenden Tage eine Wetterverschlechterung vorausgesagt ist, entschliessen wir uns kurzfristig, bereits morgen nach Ostia zu fahren. (Toni)
Sa 19.05.2012: Fahrt von Civitavecchia nach dem Porto Turistico di Roma in Ostia
19. Fahrttag (30.4 sm): Ist es nicht langweilig, 5 ½ Stunden mit dem Schiff geradeaus zu fahren, wenn man die gleiche Distanz mit dem Auto oder mit der Bahn in einer Stunde schafft? Dies werden wir ab und zu gefragt. Dazu sagen wir ja, es wäre, wenn es nur darum ginge, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Das langsame Unterwegssein mit dem Segelschiff und das Leben auf dem Segelschiff haben aber ihren besonderen Reiz. Der Weg ist für uns auch ein Ziel! Aus diesem Grund schreibe ich heute auch einmal etwas von dem, was im Logbuch nur zwischen den Zeilen zu lesen ist!
Ein herrlicher Sonnenaufgang begrüsst uns und den neuen Tag. Während wir die erste Tasse Kaffee und etwas Früchte noch in der Kabine zu uns nehmen, zwitschern draussen lustig die Vögel.
Die Sicherheit von Mannschaft und Schiff ist für mich das Wichtigste, wenn man auf dem Meer unterwegs ist. Dazu führen wir vor jedem Auslaufen die folgenden Checks durch: Lina kontrolliert, ob die Bilge trocken ist, schliesst das Seeventil im WC, den Wasserhahnen in der Pantry und alle Luken, legt die persönlichen Lifebelts bereit und spannt die Sicherheitsgurten auf beiden Seiten vom Bug bis zum Heck. Ich kontrolliere beim Motor den Stand des Motorenöls, des Getriebeöls und des Kühlwassers, ferner die Funktionstüchtigkeit der Ruderanlage, des Autopiloten und der Bordelektronik sowie die Befestigungen des stehenden und des laufenden Gutes (Stage, Wanten und Fallen) sowie der Seereling. Auf beiden GPS starte ich die von mir im Voraus programmierte Route von heute. Ein GPS ist mit den Bordinstrumenten verbunden, den anderen verwenden wir im Cockpit als elektronische Seekarte. Die neueste Wetterprognose rufe ich bei Windfinder über SMS ab. Diese sagt für heute Sonnenschein, leichten Wind aus Südosten und Seegang von 0.5 m voraus. Leider weht der Wind genau aus der Richtung, in welche wir fahren wollen! Der Motor wird uns somit vorwärts treiben. Die Segel bereiten wir aber für ein allfälliges sofortiges Setzen vor.
Nach halb Zehn laufen wir aus dem Hafen von Civitavecchia aus und verstauen alle Fender und Anbindetaue. ASANA streichelt das leicht gekräuselte Meer, welches im Gegenlicht glänzt. Wir beobachten Fischer und Möwen, die das gleiche Ziel verfolgen. Stündlich nehme ich eine Standortbestimmung vor und übertrage diese auf die Seekarte und ins Logbuch. Während dieser Zeit hat Lina das Ruder in der Hand. Jede zweite Stunde nehme ich die Wetterdaten unserer Wetterstation ins Logbuch auf. Abwechselnd steuern wir ASANA auf Kurs 135 Grad; um 10 Uhr zieht Santa Marinella an der Küste an uns vorbei, um 11 Uhr S. Severa, um 12 Uhr Ladispoli und um 13 Uhr Maccarese. Diese Ortschaften haben wir bereits auf unseren Fahrten Richtung Rom vom Zug aus gesehen. Dazwischen bleibt immer wieder Zeit, um die Stille, die Weite des Meeres und das durch Lina vorbereitete Picknick zu geniessen. Pierre-Alain und Brigitte folgen uns mit ihrer Moody 425 in einiger Distanz. Etwa um 13:20 Uhr, kurz nachdem ASANA die 900. Seemeile auf dem Meer zurückgelegt hat, fliegt meine Sonnenmütze durch einen Windstoss ins Wasser! Wir fahren zur Übung sofort ein sauberes Hut-über-Bord-Manöver, so dass Lina die Mütze mit dem Bootshaken wieder an Bord hieven kann! Um 14 Uhr sind wir in der Nähe des Flughafens Fiumicino und bestaunen die vielen Starts und Landungen der Passagierflugzeuge, u.a. der A 380 der Emirates. Das Tiber-Delta nähert sich, die Wassertiefe unter dem Kiel nimmt schnell von 40 auf 10 m ab.
Wir fahren einen grossen Bogen um den Leuchtturm von Fiumara Grande und erreichen um 15 Uhr den Porto Turistico di Roma in Ostia. Pierre-Alain meldet beide Boote über Funk an, worauf zwei Ormeggiatore uns mit ihrem Schlauchboot einweisen und beim Festmachen am Steg behilflich sind. Die Hafengebühren sind in Italien wohl erheblich höher als in Frankreich, dafür aber sind die Anlagen in der Regel in einem besseren Zustand und die Dienstleitungen der Capitaneria merklich besser. 5 ½ Stunden, wo sind sie geblieben??? (Toni)
So – Mo / 20. – 21.05.2012: Hafentage und Besuch der Basilica San Paolo
Regen, Gewitter mit Hagel und dazwischen Aufhellungen dominieren diese drei Tage. Der Scirocco bringt mit dem Regen auch viel Sahara-Sand! Langes Ausschlafen, spannenden Krimi zu Ende lesen und Törnbuchhaltung nachführen sind uns willkommen, die Bootswäsche ist notwendig.
Die sonnige Phase am Montag nutzen wir für einen Ausflug. Eigentlich wollen wir Ostia Antica besuchen, aber mit dem Bus angekommen, stellt sich heraus, dass das Gelände mit der antiken Stadt am Montag geschlossen ist. Also fahren wir mit der Metro Richtung Zentrum von Rom zur Basilica San Paolo. Die monumentale Architektur, der fantastische Kreuzgang und die reiche Innengestaltung mit dem gotischen Papstaltar sind eine echte Überraschung für uns. Die Basilika war allerdings vor dem Bau der Peterskirche die grösste christliche Kirche der Welt. Neben dem Grab von Paulus säumen die grossen Porträtmedaillons aller 265 Päpste von Petrus bis zu Johannes Paul II den Kirchenraum. Nach einem Caffe coretto, Einkäufen und der Rückfahrt mit dem Bus zum Hafen besteigen wir ASANA gerade noch rechtzeitig vor dem nächsten Gewitterregen. Insalata mista ist sehr gesund, das Cordon bleu vom hiesigen Coop sowie die Pommes frites vom nahen Mac Donald eher weniger, aber fein… (Toni)
Di 22.05.2012: Anbindeprobleme und eine unerwartete Bootstaufe
Der Dienstag beginnt für mich dramatisch mitten in der Nacht. ASANA wird durch Sturm und Schwell herumgeschlagen. Um 3 Uhr stelle ich bei einer Kontrolle fest, dass wir mit dem Heck bedrohlich nahe an die Hafenmauer kommen. Mit dem Motor halte ich das Schiff stabil. Lina ist unterdessen auch wach und hilft mir, die Mooringleine des freien Nachbarplatzes zusätzlich am Bug von ASANA zu befestigen. Nun können wir uns wieder in die Koje legen, schlafen aber in dieser Nacht relativ wenig. ASANA bewegt sich im Schwell so bockig, dass am Morgen um 8 Uhr mit einem lauten Knall die Stahlfeder zwischen der Hafenmauer und dem Anbindetau bricht! Zum Glück habe ich sicherheitshalber ein zweites Anbindetau und eine Spring gespannt, sonst hätte sich das Boot losgerissen! Wir sind froh, dass sonst kein Schaden entstanden ist. Im Bootsshop kaufe ich stärkere Stahlfedern und montiere diese sofort. Im Verlaufe des Tages beruhigen sich Wetter und Seegang ein wenig.
Auf einem norwegischen Nachbarschiff, einer Jeanneau 43, findet heute ein Eignerwechsel statt. Spontan laden uns die neuen Eigner, Greta und Jarl, zur Bootstaufe ein, an welcher wir auch ihre Mitsegler Marit und Johnny kennenlernen. Das Schiff wird auf den Namen MIKKEL getauft; dies ist eine norwegische Comicfigur. Die Vier wollen mit MIKKEL in den nächsten 2 ½ Wochen nach Var in Kroatien segeln. Ein mutiges Unterfangen bei einer Distanz von rund 700 sm! (Toni)
Mit 23.05.2012: Ostia Antica, ein lohnender Besuch am Nachmittag
Wer Ostia Antica schon gesehen hat, weiss, wie eindrucksvoll die antike Hafenstadt Roms ist! Auf rund 34 ha, zwei Dritteln der ursprünglichen Siedlung, findet man neben Resten von vier- bis fünfgeschossigen Miethäusern ein Theater, das Kapitol, gut erhaltene Thermen, Häuser mit Mühlsteinen, kleine Tempel und wunderschöne Mosaik-Fussböden. Ich „sehe“ elegante Römerinnen und stattliche Römer über die 9 Meter breite und mehr als einen Kilometer lange Hauptstrasse, der Decumanus Maximus, wandeln! Zwischen den fast 2000 Jahre alten Mauern leuchtet wilder Mohn, dessen Zartheit den Gegensatz zum Gemäuer noch unterstreicht. Die intensiv blauen Blütensterne des Gurkenkrauts bilden weitere willkommene Farbtupfer; die Amselmännchen verteidigen mit ihrem melodischen Gesang ihr Revier in den mächtigen Pinien und Ruinen! Mit einem Wort: stimmungsvoll! (Lina)
Do 24.05.2012: Segeln vom Porto di Roma nach Nettuno
20. Fahrttag (27.5 sm): Kurz nach der Hafenausfahrt setzen wir die Segel. Anscheinend haben die Meteorologen ihre Windvorhersagen ohne Rasmus, den Gott des Windes gemacht! Zu unserem Glück, so segeln wir statt mit nur 2 Bf. im Rücken mit 3 – 4 Bf. herrlich am Wind.
Unser heutiges Ziel, Nettuno, betrachten wir als reinen Übernachtungsort; erstmals auf unserer Reise werden wir zum Längsanlegen an einen Kopf-Steg gewiesen. Super, praktisch kein Aufwand für uns! Ein wunderbar milder Abend und eine verhältnismässig milde Nacht folgen! (Lina)